Segeltörns: 2020 - 1991
Toern 2021
Segeltörn 2021 der Schwelmer Segelcrew "Hierum &Darum" auf der Ostsee vom 16.07.2021 bis zum 23.07.2021 Greifswald - Stettin (PL)
Segeltörn 2021, Greifswald, Wolgast, Usedom, Stettin, Swinemünde
34824
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16.07.2021 – 23.07.2021
Greifswald – Boddengewässer
Markus Wiethoff
Andreas Happe
Jürgen Michels
Knut Pomian
Michael Gutmann
Skipper
Wachführer A
Wachführer B
Ersatz-Smut und Oel-Wart
Seebärchen
Schiffs- Art:
Hersteller
Modell
Schiffs-Baujahr:
Schiffslänge / Breite
Tiefgang
Liegeplatz / Ort
Kojen / Schlafplätze
Wasser- / Dieseltank
SY
Dufour Yachts
Dufour 43- „Starlight“
1999
13,40 Meter / 4,30 Meter
1,50 Meter
Greifswald Yachtzentrum (D)
4 / 8
400 Liter / 250 Liter
Anreise:
12:30 – 20:20 Uhr Anreise Schwelm – Greifswald
630 km mit dem Auto von Skipper und Jürgen
Wetter: trocken mit sonnigen Abschnitten, nach Hamburg
dann sonnige Abschnitte, Greifswald schwül warm
Schiffsübernahme:
ab 20:45 Einräumen der Sachen ins Schiff
Absacker und Matjesbrötchen in der Plicht
Kaum haben wir unsere Werkslimousine gepackt, ist das Quartett der wackeren Seeleute auch schon auf der Autobahn… Allerdings ist nicht zu leugnen, dass es Freitagmittag bzw. -nachmittag ist. Die A1 ist recht gut gefüllt, so dass wir froh sind, überhaupt mitschwimmen zu können. Rund um Lotte/Osnabrück knubbelt es sich, so dass wir wertvolle Zeit auf unser Führungsfahrzeug verlieren. Das ist aus den Niederlanden kommend schon voraus hinter dem nächsten Stau. Wachführer B hat auf Weisung des Skippers bereits einen Parkplatz angesteuert und betreibt Augenpflege, um den Rest der Truppe aufschließen zu lassen. Zur Belohnung winkt die obligatorische Mettbrötchen-Sause… Frisch gestärkt geht es flottillenmäßig weiter, Vechta querab…

 

Nach einer anstrengenden, weil staubelasteten Fahrt sind wir gegen 20.20 Uhr in Greifswald angekommen. Wir finden wie beschrieben auf dem Hanse Gelände einen Parkplatz für die Fahrzeuge, steigen aus und bekommen ein mittleren Schlag. Schwüle 26 Grad sind es immer noch hier in Nordvorpommern. Das kann ja “heiter“ werden. Ein erster Gang über sämtliche Stege (wenn der Skipper lesen könnte, hätten wir Steg J sofort gefunden) und schon haben wir unsere Starlight (Dufour 43) gefunden. Sie ist schon bezugsfertig, so dass wir uns peu à peu um die Taschen und Kisten kümmern können. Der Pott ist so groß und hat so viel Stauraum, dass unsere Lebensmittel und Utensilien schnell verstaut sind. Auf einem der vielen Gänge zwischen Autos und Boot macht der Skipper einen Abstecher zur Fischbude, die von vielen einheimischen Student*Innen umlagert ist. Fünf Fischbrötchen (von Lachs über Matjes bis Bismarck ist alles dabei 👍) finden ihren Weg in die Plicht, so dass die Crew neben dem ersten Weizen auch einen abendlichen Snack am Gaumen hat. Nach wie vor ist es schwül und wir werden von einer Fliegerstaffel des heimischen Stechmückengeschwaders überfallen. Durch die Shirts und Socken saugen die blutgierigen Monster und verrichten ihr lebenserhaltendes Tagewerk. Auch der Einsatz aus der gelb-roten Pulle des amerikanischen Chemieriesen hilft nichts im Kampf gegen die Übermacht der Insekten. Pusteln auf dem Rücken und erheblicher Juckreiz sind die Folgen, die eine lebhafte Nacht versprechen.
 
Einen griechischen Anisabsacker noch für die Crew und für Rasmus, damit er uns mit Wind und Wetter gewogen bleiben wird, dann einen kurzen Spülvorgang, damit wir morgen direkt mit dem Früstück starten können, und ab geht es in die Kojen, in denen auch nach Mitternacht noch eine muckelige Wärme hängt. Augen- bzw. Ohrenzeugenberichten zur Folge soll es doch ein geschäftiges „Treiben“ unter Deck gegeben haben: grober Holzzuschnitt im Vorschiff, feine Laubsägearbeiten im Heck zeugen von einer müden Crew…
Schiffsübernahme:
09:40 bis 10:10 Schiffsübernahme
Logbuch:
Greifswald – Wolgast (Stadthafen)
von 10:17 Uhr  bis 18:00 Uhr
Logge / Trip:
28,4 sm in 7 Std. 43 Min
unter Motor:
3 Std. 28 Min.
Wind:
NW 1-2 dann NNO 0-1 zunehmend auf N 2-3
am Nachmittag dann N 3-4 abnehmen N3
Am Morgen erwacht das Boot kurz nach Sieben zum Leben, eine müde Gestalt macht klar Schiff in der Plicht und beseitigt die Spuren des Abends, der Ölwart legt einen ersten Kaffee auf und vorab findet die Verteilung sowie das Anpassen der Schwimmwesten für die Crew statt. Das Frühstück kann kommen… Um 09.00 Uhr wird gespült und schnell sind wir zur eigentlichen, offiziellen Übergabe der Starlight bereit. Ziel für heute ist ein Schlag über den Greifswalder Bodden um Lubmin in die Peene, Richtung Wolgast. Das Wetter ist so lala und wir müssen sehen, dass wir die Klappbrücken in Wiek und Wolgast zur rechten Zeit bekommen. Schauen wir also, was der Tag so bringt…
 
Unter Motor tuckern wir um 10.17 Uhr durch das Fahrwasser Richtung Wieker Klappbrücke – bloß nicht zu schnell, denn hier werden tatsächlich die vorgegebenen 4 Knoten per Radarpistole kontrolliert. Natürlich sind wir zu früh vor der Brücke, so dass wir längsseits an einer Bavaria 46 ins Päckchen gehen und eine nette Crew aus Baden-Württemberg kennenlernen. Pünktlich kurbelt der Brückenwart sein Betreuungsobjekt per Hand nach oben, so dass die Vielzahl von Booten, die sich mittlerweile angesammelt hat, wie an einer Perlenkette auf den Greifswalder Bodden hinausströmen. Nachdem wir auch das Hochwasserschutztor durchfahren haben, setzen wir schnell die Segel und kreuzen im Bodden auf, bis wir nach 75 Minuten die Geduld verlieren und die aufgekommene Flaute per Motorkraft überbrücken. Die Wolkendecke reißt auf und vom Himmel brutzelt der Lorenz kräftig auf uns nieder. Ein echter und für uns erster Sommertag, der nach den langen Regenfällen in der Heimat durchatmen lässt.
 
Nach fast zwei Stunden unter Motor versuchen wir in der Ausfahrt der Knaakrückenrinne uns durch die Genua durch den Peenestrom schieben zu lassen. Für gut eine Stunde lassen wir uns eher treiben als ziehen, und als wir die Einfahrt nach Kröslin querab haben muss der Volvo uns wieder unter die Arme greifen. Ein festes Ziel vor Augen (die Brücke in Wolgast öffnet um 17.45 Uhr) müssen wir unsere Fahrt angemessen timen. Aber bei schwindender Entfernung zur Klappbrücke bekommen wir wieder genügend Zeitreserven, um uns bei schwachen Winden durch das Tuch vorankommen zu lassen. Jetzt ist es wirklich ein Genuss: wir fahren unter Vorsegel durch den Peenestrom, beidseits zieht eine naturbelassene Wiesenlandschaft vorbei und während wir hie und da von einem motorenden Kollegen überholt werden, nähern wir uns ökologisch korrekt dem Becken vor der Brücke. Eine Kreuz hin und her bringt uns einen Überblick und wir beschließen, die verbleibende halbe Stunde an einem der vorhandenen Poller zu verbringen. Im zweiten Anlauf erwischen wir bei auffrischenden Winden die obere Öse des Pollers, ziehen den Festmacher durch und schwenken von nun an (mehr als die anderen Boote) hin und her. Kurz vor der Brückenöffnung nähert sich ein Flusskreuzfahrer, die Junker Jörg wie sich im Nachgang rausstellt. Ein langes Warnsignal später und schon fährt der Pott als erstes Schiff durch die Brückenenge. Dicht dahinter wir mit der Starlight, da wir aus dem Wartebecken in guter Poolposition lauernd direkt hinter der JJ einbiegen können. Bevor der lange Pott rückwärts an der Außenmole in Wolgast festmachen kann, schießen wir hinter seinem Heck in das Innere Hafenbecken, wo es keinen Platz zum Festmachen gibt, obwohl die Lücken in Summe für uns reichen. Tatsächlich können wir einen Kollegen bewegen, sich zu verholen und mit Hilfe des Bugstrahlruders lassen wir uns hinter einen Kutter aus Kiel an die Hafenwand treiben.
 
Drei Mann setzen sich nach dem Manöverschluck in Bewegung, um im örtlichen Supermarkt („dann geh doch zu XXX) noch die letzten Lebensmittel nachzubunkern und eine Besichtigung von Wolgast vorzunehmen. Eine Tour, die relativ flott erledigt ist. Der virtuelle Stadtrundgang im Internet ist schon ausführlich und dank der sonnigen Bilder sogar die bessere Alternative. (https://wolgast.de/fileadmin/Dateien/Pano/) . Schnell zurück an Bord und ein Abendessen später, sind wir bereit, das Kleine Hafenkino zu genießen und uns bis in die Nacht mit Anishaltigen Getränken in einen seligen Schlafzustand zu versetzen („wenn Du Dich erinnern kannst, war‘s kein guter Abend“😂).
Logbuch:
Wolgast (Stadthafen) – Usedom auf Usedom
von 10:40 Uhr  bis 18:45 Uhr
Logge / Trip:
34,7 sm in 8 Std. 5 Min
unter Motor:
2 Std. 35 Min.
Wind:
NW 1-2 dann NNO 0-1 zunehmend auf N 2-3
am Nachmittag dann N 3-4 abnehmen N3

 

Das Posaunenkorps der pommerschen Freikirchen trötet schon zu Übungszwecken die ersten Sonaten und Choräle an Land als wir uns langsam aus den Kojen rollen. Kaffee und Frühstück genießen wir trotz partiell auftretender Anisallergie eines Wachführers und gegen 10.40 Uhr dampfen wir vorsichtig in die Spring, um uns unter zusätzlicher Unterstützung des Querquirls an dem Missionsschiff freizuschwimmen. Raus geht es auf den Peenestrom in südliche Richtung, vorbei an der Lürsen-Werft und mit Hilfe der Genua schippern wir stetig Richtung Achterwasser, in das wir um 12.15 Uhr bei Böen bis 23 kn einfahren. Kurz den Motor an, um das 2. Reff einzubinden, und dann kitzeln wir die Starlight Richtung Zinnowitz, wo wir mit 26 kn die stärksten Böen erwischen. Eine gefühlvolle Wende und ab geht es wieder Richtung Peenestrom. Um die Batterien zu laden lassen wir eine zeitlang den Motor mitlaufen. Wir schippern an den zahlreichen Tonnen vorbei, meiden die Untiefen und kommen dank diverser Vorsegelmanöver und Trimmoptimierungen gut voran, so dass wir uns fast eine Stunde zu früh der Zecheriner Brücke nähern. Wir tuckern im Vorbecken, versuchen die Zeit mit einem Ankermanöver zu (Achtung: Wortwitz) „überbrücken“, und scheitern zwei Mal am Modder und Morast, in dem der Widerhaken keinen Halt findet. Als sich der Minutenzeiger langsam dem ersehnten Öffnungstermin nähert, wiederholt sich die Prozedur des gestrigen Tages, denn von hinten nähert sich erneut mit der Junker Jörg wieder ein FahrgastschiffFahrgastschiffe, das wie selbstverständlich die erste Einfahrt erhält. Wieder macht sich im Windschatten eine Armada von kleinen Booten auf, um im Fahrwasser des Großen die Brücke zu passieren. schnell haben wir wieder das Vorsegel draußen und schon zieht uns der Lappen Richtung Karniner Hubbrücke, die als technisches Denkmal prägnant im Wasser steht und nach einem Dreiviertel Jahrhundert an die schrecklichen Ereignisse des 2. Weltkriegs erinnert. Die Deutsche Wehrmacht hatte die 360 Meter lange Eisenbahnbrücke vor den anrückenden Kräften der Sowjetarmee kurzerhand gesprengt.

 

Mittlerweile kommt der Lorenz hervor, jedenfalls lugt er hie und da zwischen den Wolken hervor und vermittelt einen netten Eindruck von der schönen Landschaft. Wir racen mit einem kleinen polnischen Segelboot Richtung Abzweig Usedom, wo wir links einschwenken. Vorbei an idyllischen Einfamilienhäusern und winkenden Wassersportlern fahren wir in den Usedomersee ein, wo wir peinlich genau versuchen, den Tonnenstrich zu halten – anders wäre bei 60 cm Wasser auch nicht gut.

 

Wir erreichen den modernen und mit Mitteln des Bundes und des Landes MV aufgepeppten und relativ neuen Hafen der Stadt Usedom und suchen uns ein nettes Plätzchen. Zwei Versuche, zwischen den Heckpfosten durchzukommen scheitern dank der breiten Hüfte unserer Dufour 43. Also dann doch vor Kopf an den Schwimmsteg – eine Entscheidung, die wir bitter bezahlen werden, denn beim Sprung vom Boot auf den Steg verletzt sich unser Ölwart so stark am Knie, dass er sein Bein nicht mehr belasten kann. Wir müssen tatsächlich am Sonntagabend den Rettungswagen rufen und die freundlichen Helfer des Rettungsdienstes bringen Knut ins Krankenhaus nach Anklam. Erste Diagnose nach dem Röntgen: keine Brüche. Die restlichen Untersuchungen von Bändern, Sehnen und Muskeln morgen im CT. Was bleibt ist ein „Gute Besserung!“ für unseren Ölwart.

 

Aufgrund der Verzögerungen und fortgeschrittenen Zeit liegen wir am Steg ohne jegliche Versorgung. Kein Strom, kein Wasser, und die Sanitäranlagen sind dank individuellen Codes für uns auch verschlossen. Der Hafenmeister ist im verdienten Feierabend, aber bei aller modernen Technik hat man es nicht geschafft, eine online Buchungs- oder Freischaltmöglichkeit einzurichten. jedenfalls erkennen wir keine… Wir versuchen uns soweit wie möglich einzuschränken und sind heute schnell in den Kojen. nach Feiern ist eh keinem zu Mute und unsere Gedanken sind beim lädierten Cronenberger Knie und seinem Träger.
Logbuch:
Usedom auf Usedom – Ziegenort (Polen)
von 09:55 bis 16:48 Uhr
Logge / Trip:
28,40 sm in 6 Std. 23 Min
unter Motor:
2 Std. 41 Min.
Wind:
W 3 dann WNW 3-4 abschwächend MNW 1-2
am Abend WNW 1
Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht gilt es zunächst, die Reste des Abendessens wegzuspülen, damit wir dem nächsten Gang in Form eines Frühstücks entgegensehen können. Und schon macht sich das Fehlen von Knut erstmalig bemerkbar, ließ er es sich doch nicht nehmen, des Morgens den Kaffee aufzugießen und zu brauen. Der Gang zum Hafenmeisterbüro ist nach wie vor zwecklos, da wir statt einer letzten Freischaltung des Stromanschlusses nur das Schild lesen: Bin gegen 09.00 Uhr wieder im Büro. Also immer noch kein Strom, kein Wasser und wir müssen zaubern – die Welt gehört den Kreativen und wir finden Lösungen.
 
Kurz vor 10 Uhr machen wir klar Schiff und bereiten uns vor, den eigentlich sehr schön im Hinterland versteckten Hafen wieder zu verlassen. Eine halbe Stunde später tuckert der Motor und gemütlich geht einüben den Usedomer See zurück Richtung Peenestrom bzw. Kleines Haff, wo wir die Segel setzen und dem Motor eine Ruhepause gönnen. Das Wetter ist gemischt, Wolken am Himmel, die Sonne kann sich nicht durchsetzen, dafür haben wir Winde 3-4 aus WNW. Frisch ist es geworden, nur mit dem T-Shirt geht heute nicht. Dafür bietet der aktuelle Kurs Gelegenheit und das Haff Genügend Platz, den nagelneuen Blister auszuprobieren. Wir müssen einige Zeit das große blaue Tuch sortieren, vorne einen Block anschlagen, die Schot legen, alles sortieren, aber nach einiger Zeit der Vorbereitung sind wir soweit, dass wir die Premiere feiern können. Der neue “Lappen“ wird seiner Funktion übergeben: mit dem Fall wird der lange Schlauch nach oben geliftet, dann der Schlitten mit der Ummantelung nach oben gefahren und schon greift der Wind in das Tuch, welches sich schnell von alleine aufbläht, entfaltet und mit einem satten Plopp sich Steuerbords an die Arbeit macht. Prompt nimmt die Starlight an Fahrt zu, in der Spitze werden es 7-8 Knoten sein, mit denen wir ostwärts Richtung großes Haff reiten. Eine Stunde lang können wir auf der Backe fahren, ehe es Zeit wir den Kurs und damit die Blisterseite zu wechseln. Also den Schlitten wieder runter, die Tüte in den Schlauch, (Achtung Wachführer: da ist Druck drauf, und wenn man den Tampen zum Einholen nicht schnell genug bedient, rauscht der wieder bei einer Böe und einem sich aufblasenden Segel schnell durch die Finger und hinterlässt Brandblasen!) den Block auf der Backbordseite anschlagen, die Schot rüberlegen – und wieder geht es umgekehrt bis der blaue, weithin sichtbare Antrieb uns in südöstliche Richtung Wahrlanger Bucht zieht.
 
Und als hätten wir irgendetwas beim kleinen Grenzverkehr falsch gemacht, schaltet der Wind kurz nach Passieren der Landesgrenze zwei Stufen zurück. Wir müssen den Blister wieder eintüten und selbst die Genua baumelt lustlos am Vordeck hin und her, so dass wir uns nur durch das weit geöffnete Groß langsam Voranschlägen lassen. Um 14.47 Uhr haben wir nicht nur das Gefühl, einen Parkschein ziehen zu müssen, die nachlassenden Batterien schreien nach einer Motorladung und auch die vor uns im Wasser stehenden Stellnetze verlangen eine stringente Fahrt. Also geht es mit Unterstützung des Diesels unserem heutigen Zielort Trzebiez (Gr. Ziegenort) entgegen. Unser Seebärchen wird an höhere Aufgaben herangeführt, vom Deckschrubben mit der Zahnbürste zum Rudergänger unter Motor. Mit Über- und der notwendigen Weitsicht steuert er den Kahn sicher in den Hafenkanal, wo der Skipper zum Einparken übernimmt. Die freie Lücke an den Innenseite der Mole erweist sich als reservierte Platz eines heimischen Bootes, die Lücken an den Stegen sind auch mit Schiffsnamen rot belegt, so dass wir nach einer kleinen Runde wieder nach draußen fahren, um uns längsseits festzumachen. Aber „nix da!“ – der Hafenmeister weist uns auf drei Motorpötte hin, die sich aus Süd nähern und die ihrer feisten Größe angemessen augenscheinlich vorgebucht haben. Er schickt uns wieder ins Innenbecken, wo zwei Junioren uns einweisen. Mit einem Rückwärtsschwung legen wir an und nach einigem Ausrichten der Festmacher in einer kleinen Box sind die Leinen fest und der Motor aus. Manöverschluck.

 

Am Abend kommen doch tatsächlich ein paar Tropfen runter, so dass wir unter Deck unserm neuen Smut „Jamie Markus Oliver“ beim Essenbereiten zuschauen bzw. in wenigen Dingen sogar zur Hand gehen. Die Rosmarinkartoffeln backen auf dem Blech, darüber garen die Hähnchenbrustscheiben zur Vollendung. Ein leckeres Essen bei einfacher Zubereitung. Einige Absacker später sinniert die Crew über diverse Themen, von der Volksverblödung durch unser Qualitätsfernsehen bis hin zu zukünftigen Wohnformen alternder Singles in Wohn-WGs – also typische Themen grauschläfiger Männer, die wissen, wie sich die Welt dreht. Bevor selbige rotiert, gehen wir dann doch lieber mal in die Kojen.
Logbuch:
Ziegenort (Polen) – Stettin
von 08:00 bis 15:20 Uhr
Logge / Trip:
21,2 sm in 5 Std. 30 Min
unter Motor:
3 Std. 5 Min.
Wind:
NW 1-2 dann NW 2
am Nachmittag NW 2-3
Spiegelglattes Wasser, ein herrlicher Sonnenschein, ein kleiner ruhiger und beschaulicher Hafen – Ziegenort präsentiert sich von seiner besten Seite als sich die ersten vor acht Uhr Richtung Sanitärtrakt begeben. Ein Idyll, das für den kommenden Tag hoffen lässt.
Nach einem Frühstück und dem klar Schiff machen werfen wir, (nein, der Michi schafft es mit magischen Fingern, der launischen Starlight ein Motorgeräusch zu entlocken), den Volvo an. Um 10 vor 10 sind die Leinen los und noch im südlichen Hafenbecken steht unser Groß für den Einsatz im Kampf mit den Winden bereit. Wir schippern gen Südost durch die Rinne Richtung Fahrwasser Roztoka Odrzanzka (Papenwasser), wo wir die Genua hinzunehmen, um bei NW2 die Oder hinauf zu segeln. Kaffeesegeln in der Sonne mit schönen Wolkenbildern achtern raus, wir nähern uns langsam den Werdern in der Oder und den markanten künstlichen Halden auf der Landseite backbords. Bei leicht drehenden und schralenden Winden kriegen wir relativ problemlos die Einfahrt in die erste Oderverengung hin. Dem Fahrwasser entlang und die vielen Seezeichen abstreichend schippern wir gemütlich, aber stetig nach Süden, vorbei auch an der Großbaustelle bei Police, wo neben der Entladestelle für Schüttgutfrachter augenscheinlich unter lautem Baulärm eine Anlage der Petrochemie errichtet wird. Ein erster Eindruck von den widersprüchlichen Eindrücken rund um Stettin. Einerseits traumhafte Naturlandschaften mit breiten, großflächigen und schilfigen Retensionsräumen für die Oder, andererseits funktionsgebundene, nackte und schmucklose Industrie- und Werftanlagen, die schon von Weitem Zeugnis über die Bedeutung des größten Polnischen Hafens ablegen. Kurz vor Eins werfen wir dann doch den Quirl an, weil der Wind einfällt und auch blöde zum Steuern von Achtern käme.
Wir überholen ein schönes Holzboot, von dem uns zwei freundliche Polen zuprosten, und bereiten nicht nur die Einfahrt in den Dammschen See vor, sondern der Skipper auch den Mittagssalat. In dem Geflecht der vielen Abzweigungen und Kanäle finden wir dank entgegenkommender Boote leicht den Weg, der sich vom großen Fahrwasser abzweigt und nach einem idyllisch gelegenen Durchstich die große Fläche des Sees präsentiert. Ein im großen Bogen über den See gezogener Tonnenstrich leitet uns gen Süden. Die Silhouette der Stettiner Hafenanlagen und Teile der Stadt sind Steuerbord schon zu erkennen und fast zum Greifen nah, doch die Landschaft trügt und die Seekarte spricht eine deutliche Sprache. Südlich geht es in die Mienia (Mönne) und nach Rundung des Schulzenwerders geht es durch die Mölln Fahrt wieder nach NW in den Hafen von Stettin. Mittlerweile hat sich das Wetter verändert, der Himmel zugezogen, so dass es keine schönen Bilder zu machen gibt. Im Grunde passt sich der Horizont dem Grau in Grau der gewerblichen Werftanlanlagen an. Wir schippern an großen Pötten vorbei, passieren die Hakenterrassen und biegen flott um die Wyspa Grodzka vor der großen Brücke der A 10 in den neuen Yachthafen ein. Schnell machen wir angesichts der kleinen Fingerboxen vor Kopf an einem Steg fest, richten den Kahn aus, legen zwei Springs und liegen fest.
Statt eines Manöverschlucks gibt es angesichts der frühen Tageszeit einen Kaffee und ein Stückchen “Omakuchen“, um im Anschluss ein Powernickerchen zur Vorbereitung einer Sightseeing-Tour durch Stettin zu machen. Apropos Stettin…
 
Stettin:
Vielleicht war es das bedeckte Wetter, vielleicht war es die falsche Tages- oder Jahreszeit, wir wissen es nicht, aber so richtig überzeugt war keiner von der einst drittgrößten Stadt Deutschlands, wie wir einem Reiseführer entnehmen können. Sicherlich gibt es den ein oder anderen historischen Bau, der sich schmuck im Bild der Odermetropole zeigt, aber andererseits gibt es genügend Bausünden aus einer – wie wir vermuten planwirtschaftlichen – Zeit, die dem Stadtbild einen eher spröden Charme verleihen. Beispielsweise das Königstor oder das Berliner Tor stehen als historische Monumente mitten im Verkehrstrubel und Schilderwald, so dass sie ihren Reiz nicht recht entfalten können. Das Schloss der Pommerschen Herzöge strahlt auch nicht vom Berg über die Stadt, nein letztere hat sich von drei Seiten herangetastet, so dass das herrschaftliche Anwesen eher über seine Innenhöfe punkten kann. Kulturerbestatus wird das Gemäuer auch nicht erlangen können, weil schon recht viel von der Originalsubstanz verändert oder überputzt worden ist. Sei‘s drum, wir wollen nicht zu viel meckern, nehmen die Philharmonie und das unterirdische Dialogzentrum Umbrüche zur Kenntnis, und laufen im Zick-Zack durch die Altstadt an der alten Feuerwache, der Jakobikirche und der alten Stadthalle vorbei, in dem das Museum für die Stettiner Stadtgeschichte untergebracht ist.
 
Wie gesagt, nette historische Gebäude, die als Solitäre hervorstechen. Der Platz am Museum, der Heumarkt, kann es da noch am besten mit anderen Städten im Vergleich aufnehmen, wobei die Sicht durch die Außengastronomie auf die Substanz des Carré‘s eingeschränkt ist. Dafür gibt es hier zumindest ein reichhaltiges Angebot an Kneipen, Weinbars und Restaurants – man kann augenscheinlich nicht alles haben. Nach einem Abendessen auf der Außenterrasse des Bachus geht es langsam zurück Richtung Marina, dem zweiten Highlight aus Sicht einer Segelcrew. Sie ist direkt neben einem dauerhaften Freizeitpark gebaut, so dass bis nach 23 Uhr fortlaufend das Jahrmarkttreiben bis ins Boot rüber schallt. Dafür hat man auf den Stegen einen halbwegs vernünftigen Blick auf die städtische Seite mit Hakenterrasse, Woiwodschaftsamt, Nationalmuseum und Seefahrtsakademie.
Der für den Segler nicht uninteressante Teil ist auch die Gestaltung der sanitären Anlagen, die unter der modernen Brücke auf die Flussinsel gelegen ist. Drei Toiletten, zwei Duschen und drei Waschbecken zeugen davon, dass augenscheinlich nicht so viele Wassersportler die Marina und damit die Stadt ansteuern sollen. Und wie immer lassen die fehlenden Kleinigkeiten die Gedankenlosigkeit der Planer erkennen, wenig Platz, keine Umkleide, nur äußerst spärlich mit Haken ausgestattet, keine Ablage in, vor oder neben den Duschen, usw..
Es wird Zeit, dass wir wieder in die naturbelassenen Oderauen kommen…
Logbuch:
Stettin – Swinemünde (PL)
von 08:15 bis 16:35 Uhr
Logge / Trip:
37 sm in 8 Std. 20 Min
unter Motor:
5 Std. 42 Min.
Wind:
NW 2 dann NW 1-2
Das bedeckte Wetter tut ein Übriges, so dass uns der Abschied frühmorgens um Viertel nach acht von Stettin nicht schwer fällt. Motor an, Leinen los, vorbei geht es am Jahrmarkt, dem neuen auffälligen Center, das einem Bootsrumpf nachempfunden ist, und wieder zurück an den Sehenswürdigkeiten rund um die Hakenterrasse vorbei. Zurück geht es den direkten Weg über die Oder an den zum Teil abgeranzten Hafenanlagen vorbei. wir kommen mit dem Strom schwimmend gut voran, so dass wir bald wieder durch das Papenwasser stampfen. Ein wenig Wind lässt uns grübeln, ob wir die Lappen rausholen sollen, aber da wir Richtung Ziegenort genau gegen ankämpfen müssten und dort eh wieder die Segel eingefahren werden müssen, tuckern wir einfach durch, bis wir an der Tanke von Ziegenort festmachen. Da sämtliche Anzeigen an Bord nicht oder nur ungenau funktionieren, sind wir uns nicht sicher, wieviel Diesel wir noch an Bord dabei haben. Also vorsichtshalber mal nachfüllen und schauen, wo wir versorgungstechnisch stehen. Erstaunt stellen wir fest, dass wir mit unter 2 Litern pro Stunde getuckert sind und der Tank nach kurzer Zeit gefüllt ist. Ein kurzer Plausch mit dem netten Tankwart und bald sind wir wieder auf dem Weg ins große Haff, wo unsere Segel endlich zum Einsatz kommen. Wir kreuzen, stampfen und kneifen, um den Eingang des Swinekanals zu erreichen, den wir wieder unter Motor durchfahren. Wir verfolgen die Molly aus Berlin, eine Vindö 32, die der Skipper auch schon seit längerem auf seiner Wunschliste stehen hat. Kurz vor Swinemünde fahren wir dicht nebeneinander und halten einen Schnack mit Christian von Boot zu Boot. Ein gegenseitiges Fotoshooting und die Preisgabe eines digitalen Informationskanals zwecks Bildertauschs runden das Meeting auf dem Wasser ab, ehe die fette Ostseefähre unter lautem Signal rückwärts in den Kanal hoppt und die Konzentration der kleinen Boote erfordert. Erstaunlich wieviel hier los ist: regelmäßiger Stadtfährenverkehr von links nach rechts und umgekehrt, An- und Abfahrt der großen Ostseefähren, und natürlich die Frachtschiffahrt inklusive Pilotschiffe oder Bugsierer. Durch Swinemünde geht es bis kurz vor dem Leuchtturm auf der Steuerbordseite die Einfahrt zur großen Marina auf der linken Seite das Ende des Tagestrips erahnen lässt. Unter Schleichfahrt geht es an den Stegen vorbei, die gut gefüllt sind, so dass wir eine kleine, aber genügend große Lücke für unsere Starlight an der Mauer finden. festmachen, zwei Springs ausbringen, Manöverschluck – das gewohnte Ritual am Ende eines 37 sm umfassenden Segeltages.
 
Die Molly-Crew kommt vorbei und fragt an, ob die Bilder schon angekommen seien, und wenig später machen sich Skipper und Co-Skipper zu einem kleinen Landgang Richtung Ostseestrand auf, während die beiden verbleibenden „Veterinäre“ die letzten Bestände des Grevensteiner Landwassers auf Frische und Geschmack testen. Ein telefonisches Update mit unserem Mann in Anklam bringt dann eine Konkretisierung der Rückreisepläne. Da eine zeitnahe Rückreise mit einem KTW nicht vor Freitag zu organisieren ist, entscheidet sich Knut auf eine Rückfahrt mit uns, so dass wir ein wenig umdisponieren. Rückfahrt nach Greifswald und Durchfahrt der Wieker Klappbrücke sind für Donnerstag vorgesehen, Rückgabe des Bootes am Freitagmorgen, Aufnahme des Einbeinigen gegen Mittag und dann zurück nach Hause. Also wird das nichts mit dem Aufenthalt in Greifswald, so dass wir die gebuchte Ferienwohnung schon mal stornieren.
 
Der weitere Verlauf des Abends wird mit dem Sinnieren über Wetter, Windrichtungen und -stärken, Abfahrtzeiten, Brückenklappzeiten und vielen anderen unabwägbaren Dingen verbracht. An der einen oder anderen Stelle neigen sich die Vorräte dem Ende zu, aber wir können es gut aushalten bzw. Anderweitig kompensieren. Nach Mitternacht fallen die letzten drei selig in die mit Mücken bereits belegten Kojen.
Logbuch:
Swinemünde (PL) – Greifswald (D)
von 07:30 bis 0:00 Uhr
Logge / Trip:
45,2 sm in 11 Std. 15 Min
unter Motor:
4 Std. 10 Min.
Wind:
W 2-3 abnehmend W 1, am Nachmittag
NW 2-3 abschwächend NW2
Um 6.30 Uhr wickeln sich vier zerstochene Körper aus den Tüchern, um im nahegelegenen Duschhaus die neuen Pikser und Quaddeln im Spiegel zu bewundern. Wir stellen fest, dass wir viele Mitbringsel aus Polen dabei haben werden. Gleichzeitig erweckt das wohlige Wasser die erschlafften Körper zu neuem Leben, so dass wir um Viertel nach Sieben bereit sind zum Ablegen. Aber das Eindampfen in die Spring zum Ausparken aus der gediegenen Lücke verzögert sich um eine gute Viertelstunde, da der Motor mal wieder nicht anspringen will. Nachdem sonst einige Anläufe nötig waren, um den Helfer ans Laufen zu bringen, rührt sich heute Morgen zunächst einmal nichts. Auch die magischen Finger von Michi können keine Veränderung herbeiführen. Also Treppe aushängen und den Motor inspizieren. Mit einem Hammer hauen wir beherzt auf den Anlasser, der hängende Magnetschalter reagiert und beim nächsten Versuch „dreht der Volvo anstandsfrei durch“, will sagen, springt an und verrichtet ohne weitere Streikmaßnahmen ordnungsgemäß seinen Dienst. Mit dieser Verspätung im Nacken verlassen wir Swinemünde und werfen noch einmal einen Blick auf die Windmühle am nordöstlichsten Punkt der Insel Usedom. Vor der Einfahrt machen wir schnell, dass wir aus der Fahrrinne kommen, denn von hinten bringt uns ein Marineschiff auf, während von vorne ein Bugsierer und eine fette Fähre die Welle machen. Wir setzen Groß und Genua und schon reiten wir parallel zur Küstenlinie über die polnisch-deutsche Landesgrenze. Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin warten drauf, dass sich die Sonne gegenüber den Wolken durchsetzt und einen ersten Gruß auf die jeweiligen Seebrücken schickt. Wir passieren bei immer weiter abnehmenden Winden die drei Kaiserbäder bis gegen 10 Uhr die Segel schlaff am Baum bzw. Mast hängen und der Vortrieb nur noch minimal ist. Pink Floyd hilft uns durch die Flaute zu kommen. Um 10.41 Uhr verlieren wir die Geduld und starten dann doch den Motor, wir haben einen zwingenden Termin im Nacken – die Klappbrücke in Wieck. Also das Vorsegel einrollen und um die Untiefen von Zinnowitz kurven…
 
Nach und nach zieht die Insel Usedom an uns vorbei und wir steuern unter Motor auf den Peenemünder Haken zu. Bis zum WP 835 geht es relativ strikt gegenan, so dass wir beim Umkurven der roten Tonne die Segel setzen, um ab da die nächsten Stunden mit Unterstützung des natürlichen Antriebs Richtung Wiecker Klappbrücke zu fahren. Langsam schieben wir uns die Fahrrinne des Osttiefs nach WNW, dann hinter den beiden nächsten Tonnen geht es wieder „runter“ nach WSW und schließlich relativ südlich auf das Peenemünder Feuer zu. Dann auf westlichem Kurs Richtung Fresendorfer Haken, wo anschließend in nördliche Richtungen gen WP 836 kreuzen. Am Neptungrund vorbei geht es erst einmal durch die Rinne gen Westen, die wir langsam auf dem Greifswalder Bodden angekommen nach Süden verlassen. Wir fahren einen größeren Bogen auf WP 811 zu, „verlieren“ dadurch den direkten Vergleich mit einer Greifswalder Yacht, die den deutlich direkteren Weg gen Dänische Wiek genommen hat, was aber wegen der festen Brückenöffnungszeiten auch nichts gebracht hat. Im Wartebecken sind wir wieder ganz bei einander. Aber das Ganze mit einem gehörigen Schreckmoment versehen, denn kurz vor der Einfahrt durch das Sperrwerk wollen wir den Motor anwerfen, doch der Anlasser versagt mal wieder seinen Dienst. Nicht nur kleine Mucken oder Zögerlichkeiten wie in den vergangenen Tagen, jetzt passiert über 10 Minuten gar nichts. Der skipper kontrolliert den Motor, versucht den Anlasser durch gezielte Hammerschläge zur Arbeit zu bewegen – Nichts! Wir kreuzen wieder auf und irgendwann sind es erneut die magischen Hände unseres Seebärchens, der das Ganze ans Laufen bekommt. Puh, tiefes Durchatmen. Das hätte jetzt auch noch gefehlt, dass wir nicht in die Home Base kommen. Pünktlich um 18 Uhr heben sich die beiden Brückenarme und schon geht es Richtung Greifswald City. Die Stehpaddler vor unserem Steg verschonen wir ebenso wie die Skuller und Kanuten, die sich im Kanal an uns vorbei bewegen. Wir parken rückwärts ein, legen die Festmacher über die Bugpfosten und ziehen uns hinten ran. Fest, aus und vorbei. Das Boot ist heil wieder zurück.
 
Mangels einer Gerstenkaltschale (augenscheinlich haben wir uns verkalkuliert, nicht bei der Menge, sondern bei der Auswahl) köpfen wir den guten Rosé von Riesling und Komplizen, der bei schönstem Wetter auch gut mundet. Es wird ein munterer Abend, bei dem wir zum wiederholten Mal “Bergfest“ feiern. (Mit zunehmenden Alter wird es schwieriger, sich an den Vorabend zu erinnern. Also haben zur Vorsicht jeden Abend Bergfest gefeiert 😇). Gleichwohl sind wir noch vor Mitternacht in den Federn – wie gesagt: mit zunehmenden Alter!
Schiffsrückgabe:
ab 09:00 Frühstück an Bord
ab 10:30 Uhr Ausräumen der Sachen 
Rückgabe an den Vercharterer
Rückreise:
11:00 – 19:30 Uhr Rückfahrt Greifswald – Schwelm
630 km mit dem Auto von Markus und Jürgen
Wetter: trocken mit sonnigen Abschnitten
Der Erste dackelt schon vor 07.00 Uhr Richtung Sanitärbereich, um sich langsam wieder landfein zu bekommen. Nach und nach ziehen die anderen nach, erste Kartons erreichen auf dem Rückweg zum Boot dasselbige. Das Leergut ist schnell verstaut und auf dem Steg, so dass wir noch ein Frühstück mit einer Rühreischlacht veranstalten können. Spülen, aufräumen, Taschen packen – alles geht wie gewohnt seinen Gang. Jeder erledigt eigenständig die notwendigen Aufgaben, während der Skipper mit dem Vercharterer die Rückgabe abwickelt. Es zieht sich, der Anlasser scheint definitiv „inne Fritten“ zu sein, und auch sonst merkt man der guten Lady an, dass sie 23 Jahre auf dem Buckel hat. Gegen 11.30 Uhr sind wir erst bereit zur Abreise und die beiden Fahrzeuge trennen sich. Jürgen und Michi als Team 1 steuern nach einem kurzen Tankstopp auf die A20, während Markus und Haggy in Anklam unseren Verletzten abholen. Verdacht auf Patellasehnenpolruptur…
 
Die drei schriggern gemütlich über Land durch Neubrandenburg und Waren an der Müritz, um den schon wieder anwachsenden Stau in Hamburg zu umgehen. Den gleichen Gedanken hat das Team 1 und steuert über die A20 bei Wismar auf die A14. Beim Autobahnende Ludwigslust / Grabow geht es dann über die B191 über Danneberg / Celle in Richtung Hannover auf die A2. Eine in der Nachbetrachtung der langen Staus um Hamburg und Osnabrück eine sehr gute Entscheidung. Gegen 19:30 Uhr kommt Team 1 in Schwelm an. Schon kurz nach der Entladung der restlichen Lebensmittel und des Leerguts kommen Markus, Haggy mit einem gut gelaunten Knut in Ziel. Das Knie macht Fortschritte.
 
Nach einem kurzen Kaltgetränk in der Homebase neigt sich eine sehr schöne Segelwoche dem Ende.

16.07.2021 – 23.07.2021
Greifswald – Stettin (PL)
Logbuch über den Gesamttrip:
194,90 sm in 47 Std. und 16 Min
unter Motor:
21 Std. 51 Min..
Epilog vom Skipper
Was soll ich sagen? Schön war´s, nein, sehr schön war’s – trotz der völlig überflüssigen Verletzung von Knut. Auf den Rettungswageneinsatz in Usedom hätte ich gerne verzichtet wie alle anderen auch, besonders Knut selbst. Heute haben wir ihn im Anklamer Krankenhaus abgeholt und mit nach Hause genommen und so wie es aussieht, wird sein kaputtes Knie wieder geflickt werden. Wenn es gut läuft, ist die Verletzung in einigen Wochen vergessen. Was für uns aber bleibt sind die schönen Momente dieses Törns, die wir miteinander hatten, z.B. das tägliche Bergfest, weil man ja nicht weiß, ob man sich am Morgen danach noch dran erinnern kann (ein guter Plan für zukünftige Törns) oder der häufige spontane Witz in so vielen Situationen oder die ausgesprochen gute Harmonie untereinander oder die gemeinsamen Mahlzeiten oder die zahlreichen Erlebnisse mit dem Boot unterwegs oder in den Häfen oder die ansprechende Natur mit Schilfgürteln und Seerosenfeldern im „Binnenrevier“ südlich Usedoms oder… oder… oder.
 
Nach dem dritten Törn jetzt mit (nur) fünf Mann stelle ich insbesondere fest, dass weniger tatsächlich mehr ist. Die ruhigen Momente sind zahlreicher, die Gespräche sind oft tiefer, es muss sich keiner in der Gruppe beweisen, gemeinsame Entscheidungen sind einfacher und damit ist das Genießen eines Törns mit all seinen Facetten intensiver. Und machen wir uns nichts vor: seine Koje nicht teilen zu müssen, ist durchaus angenehm.
 
Damit bin ich bei der Yacht, die uns diese Woche beherbergt hat. Ja, über zwanzig Jahre im Charterbetrieb sieht man der Dufour 43 durchaus an, insbesondere in vielen Details. Eine so alte Yacht zu chartern, war vielleicht nicht die beste Idee – wieder was gelernt für die Zukunft. „Richtig Schwein gehabt“ muss man zum Motor sagen, der selbst durch die Techniker des Vercharterter heute nicht mehr zu starten war. Gut, dass wir ihn letztlich auf unserem Törn noch immer ans Laufen bringen konnten. Eine so windanfällige, große Yacht ohne Motor in einen Hafen zu steuern, möchte ich mir nicht wirklich vorstellen.
 
Man könnte meinen, dass dieser Törn mit Knuts Unfall und den Unzulänglichkeiten der Yacht kein guter war, aber weit gefehlt. Ich habe ihn mit seinen vielen schönen Momenten sehr, sehr genossen. Danke Jungs!
 
Skipper